Perspektiven für (Post*)Sozialistische Wohnbezirke zwischen Verinselung, Neuanstrich und urbaner Geopolitik

Autor:
Kostyantyn Mezentsev
Welche Entwicklung erwartet (post)sozialistische Wohnbezirke in der Ukraine? Können Neubaugebiete innerhalb von sowjetischen Wohnblöcken als Manifestation der Gentrifizierung gelten? Haben solche Bezirke ihren "sozialistischen" Charakter bereits abgelegt, und inwieweit sind ihre inneren Widersprüche überwunden?
Gentrifizierung als polyzentrischer Prozess und eine globale Blaupause ist weltweit häufig auch außerhalb der Metropolen und der Stadtzentren an der urbanen Peripherie anzutreffen. Auch in postsozialistischen Städten hat die Forschung spezifische Formen der Gentrifizierung ausgemacht, die sich räumlich zum Teil in "Gentrifizierungsinseln" manifestieren. Untersuchungen von Neubaugebieten in Kyivs sowjetischem Stadtteil Sotsmisto bestätigten diese Annahme und zeigen, dass diese Art von Gentrifizierung von hoher sozialer Fragmentierung und Indifferenz der Bevölkerung begleitet wird. Die unvollendete urbane Transformation wird von widersprüchlichen Vorstellungen über die Stadtentwicklung und geopolitischen Orientierungen (z.B. „Europäisch" vs. „Sowjetisch") in der Bevölkerung überlagert, die ohne räumliche Segregation innerhalb der sowjetischen Wohnbezirke nebeneinander anzutreffen sind.

In der Realität wird nicht selten eine wirkliche Sanierung und Transformation des urbanen Umfeldes, Verbesserung der sozialen Infrastruktur etc. durch einen buchstäblichen Neuanstrich der grauen sowjetischen Fassaden lediglich simuliert. Solche Stadtteile sind häufig nach wie vor im Inneren gespalten – zwischen Bewohnern, für die ihr Bezirk immer noch „der beste in der UdSSR" ist, und solchen, die dazu aufrufen, "sich in einer gemeinsamen Stimme zu vereinen, um die Nachbarschaft zu verbessern", oder "to make it great again", wie es Einheimische in sozialen Netzwerken ausgedrückt haben.
Kostyantyn Mezentsev
Leiter des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Sozialgeografie an der Taras Schewtschenko Universität Kyjiw

Weiterlesen: