Heute, am Unabhängigkeitstag der Ukraine, der ihre Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 markiert, finden in der Ukraine keine öffentlichen Veranstaltungen statt. Die ukrainische Regierung hat
alle öffentlichen Feierlichkeiten in Kyjiw verboten. Andere Städte haben öffentliche Versammlungen eingeschränkt und Ausgangssperren oder Anordnungen zum Home Office eingeführt. Das Land hält den Atem an in Sorge darüber, was die russische Regierung für den Tag geplant hat und wie viele Menschen im weiter andauernden Angriffskrieg ermordet werden. Die
US-Botschaft in Kyjiw hat eine Warnung veröffentlicht über geplante Angriffe des russischen Militärs.
Vor sechs Monaten, am 24. Februar, griff Russland die Ukraine an, ohne den Krieg zu erklären. Wladimir Putin kündigte den Beginn einer „Spezialoperation“ an, die sich ausschließlich gegen das Militär richte und drohte mit dem Einsatz von Atomwaffen, falls irgendein Land versuchen sollte, die Invasion zu vereiteln. Beide Aussagen erwiesen sich als Lügen.
Im August bestätigten die Vereinten Nationen den Tod von
mehr als 5.500 ukrainischen Zivilist*innen, aber die tatsächliche Zahl der Opfer ist viel höher. Etwa 30 Länder haben der Ukraine tödliche Waffen, Munition und viele mehr haben Medikamente geliefert. Einige Staaten haben die AFU auf ihrem Territorium ausgebildet oder militärische Ausbilder*innen entsandt. Russland reagierte hierauf nur auf diplomatischer Ebene.
Desinformation ist zur mächtigen Waffe des Kremls geworden. Sechs Tage vor der großangelegten Invasion
behauptete Außenminister Lawrow, dass Russland die Ukraine nicht angreifen werde. Zwei Wochen nach Kriegsbeginn
berichtete er, dass „Russland niemanden angegriffen" habe. In den ersten Kriegstagen
betonte Putin, dass „nur Nationalisten gegen die russische Armee kämpfen". Verteidigungsminister Shoigu
behauptete wiederholt, dass „unsere Soldaten nicht auf Zivilisten schießen". Solche Behauptungen sind gleichermaßen absurd und unmenschlich. Aber professionelle Propagandist*innen verzerren meisterhaft Ereignisse, ersetzen Fakten durch Spekulationen und mischen Wahrheit mit Lügen.
In der imperialen Tradition des russischen Staates redet Putin
auf koloniale Weise über „brüderliche Nationen", „historische Länder" und die „Rechte der Russischsprachigen". Er hat auch Quasi-Staaten (LNR, PMR, Abchasien, Südossetien) eingesetzt, um militärische und politische Ziele zu erreichen. In 30 Jahren war Russland an 15 bewaffneten Konflikten beteiligt. Und es stellt ernsthafte Forderungen an Lettland, Estland, Polen und die Nordatlantische Allianz als Ganzes.
Trotz dieser militärischen Tatsachen versucht die russische Propaganda, die Europäer*innen davon zu überzeugen, sich von einer „westlichen Einmischung in die Angelegenheiten der Ukraine fernzuhalten“. EU-Bürger*innen werden dazu überredet, fernzubleiben, weil:
- Ein weiterer Krieg ausbrechen kann;
- die Preise steigen werden;
- die Gefahr einer nuklearen Katastrophe besteht;
- die Wirtschaft geschwächt wird;
- sie mehr Opfer provozieren werden.
Die westliche Unterstützung ist ein entscheidender Faktor in dem Konflikt. Nach drei Monaten intensiver Kriegsführung hat die Ukraine eine beträchtliche Menge an Munition aufgebraucht und viel Ausrüstung verloren. Sie hat nicht die Ressourcen, um die 1.800 km lange Front aus eigener Kraft zu halten und verlorenes Territorium zurückzuerobern.
Heute ist die Ukraine eine Schutzbarriere, die die russische Armee „im fernen Osten" aufhält. Die Ukraine braucht dringend europäische Hilfe, aber Europa ist auch an einem ukrainischen Sieg interessiert.